Ich kann mich gut daran erinnern, dass meine Oma, nach langen Sonntagsspaziergängen, die Kaffeetafel mit den Worten eröffnete: “Jetzt habe ich richtig Kaffeedurst!” Nicht erinnern kann ich mich daran, dass an besagter Kaffeetafel ein Glas Wasser zum begehrten koffeinhaltigen Getränk gereicht wurde. Bestelle ich heutzutage allerdings im Café oder in der Eisdiele meinen Espresso, steht es wie selbstverständlich mit auf dem Serviertablett. Ein Glas Wasser zum Kaffee. Es lohnt sich also, einmal einen Blick in die Historie zu werfen, um den Ursprüngen dieses “Brauchs” auf die Spur zu kommen. Bereiten Sie sich also eine feine Tasse duftenden Kaffees. Und stellen Sie sich, wenn Sie mögen, ein Glas Wasser dazu. Beides finden Sie selbstverständlich bei uns im Markt.
Ein Glas Wasser für den Adel
Als der Kaffeekonsum um das Jahr 1700 herum in den Wiener Kaffeehäusern mehr und mehr üblich wurde, war es natürlich vorerst dem Adel vorbehalten, das neue, moderne Getränk zu genießen. Und da es unschicklich gewesen wäre, den Löffel nach dem Umrühren einfach abzulecken oder auf die Untertasse zu legen, kamen findige Kaffeehausbesitzer auf die Idee, ein Glas Leitungswasser dazu zu servieren. In dieses konnte der Löffel nach dem Gebrauch gestellt werden. Nun war es aber so, dass zu dieser die Qualität des Leistungswassers noch zu wünschen übrig ließ. Das klare, reine Hochquellwasser, das heutzutage als selbstverständlich angesehen wird, gab es noch nicht. Vielmehr war das Wasser durch Bakterienbefall eher bräunlich. Optisch also keine Augenweide.
Braunes Wasser zum Kaffee: Optisches No-Go!
Aufgekocht allerdings, wurde das bräunliche Nass aus der Not heraus allerdings häufig zum Kochen von Suppen, Tees verwendet. Und eben auch Kaffee verwendet. Gesundheitlich unbedenklich war das natürlich ebenfalls nicht. Um es sich mit dem Adel nicht zu verscherzen, fand die findige Gilde der Kaffeehausbesitzer wiederum eine Verbesserungsmaßnahme.
Und so definierte (noch vor der Errichtung der ersten Hochquellwasserleitung) die Gilde das ungeschriebene Gesetz, dass Wiener Kaffeehäuser — bzw. solche, die sich so nennen wollten — nur Wasser verwenden sollten, das bereits vor dem Kochen so rein war, dass es kristallklar und frei von Bakterien war. Man investierte gemeinsam in die Wasseraufbereitung. Und stellte dann stolz neben jeden servierten Kaffee als Referenz das Wasserglas mit dem kristallklar aufbereiteten Wasser. Die spätere Errichtung der Hochquellwasserleitung brachte den Kaffeesiedern dann natürlich Einiges an Erleichterung und Kostenersparnis.
Jedenfalls kam diese Wiener “Wasser zum Kaffee”-Idee extrem gut an und erfuhr erstmals 1814/15 durch den Wiener Kongress und später durch die Weltausstellung eine derartige Referenz, dass sie danach international von vielen Ländern übernommen wurde.
Heute dient das Glas Wasser zum Kaffee eher als Wohlfühlfaktor
Heute ist man oftmals der Meinung, dass Wasser deshalb zum Kaffee serviert wird, weil es die durch den Kaffee hervorgerufene verstärkte Bildung von Magensäure einbremst. Auch gleicht es die harntreibende Wirkung des Koffeins, die zu einem erheblichen Verlust an Flüssigkeit führt, weitgehend aus. Das ist richtig, allerdings wusste man es natürlich im 18. Jahrhundert noch nicht. Denn der Kaffee und seine Wirkung waren noch nicht im Detail erforscht — diese Erkenntnis kam erst später dazu.